Sonntag, 29. April 2012

Liebesgeflüster



Emmi lächelte schüchtern.
„Sie sind so warmherzig und so eine aufmerksame Zuhörerin", lobte Georg und legte seine Hand auf ihre.
„Ich könnte Ihre Großmutter sein", wandte sie ein.
„Alter spielt heute doch keine Rolle mehr. Wir bleiben länger jung, leben viel länger. Gleichaltrige sind mir zu unreif, zu egoistisch. Bei Ihnen ist es anders. Sie nehmen an allem Anteil."
„Und Sie machen wirklich morgen mit mir den Rundflug? Alleine würde ich mich nie trauen." Emmi senkte den Blick und drehte das Glas zwischen ihren Fingern.
„Versprochen ist versprochen. Nach dem Tode Ihres Mannes müssen Sie sich doch einsam und hilflos fühlen. Aber Sie sind so tapfer." Georg bestellte noch einen Cognac für Emmi.
„Ja, mein Egon war so fürsorglich. Er hat immer an alles gedacht und mich gut versorgt zurückgelassen", erklärte Emmi. Von der Erinnerung bewegt tupfte sie sich die Tränen weg. Der junge Filou brauchte nicht zu wissen, dass ihre Versorgung nur im Wohnrecht des Hauses und ihrer Rente bestand.


© Annette Paul