Martha stellte den dampfenden
Teller auf den Nachttisch. Müde strich sie sich die Haare aus dem Gesicht.
Sie fuhr das Krankenbett hoch,
bedeckte seinen Oberkörper mit einem Handtuch, setzte sich auf die Bettkante
und fütterte Heinz.
Die Monate der Pflege hatten sie
zermürbt.
„Gib Papa ins Heim, du machst dich
ganz kaputt. Es ist zu viel", drängte ihre Tochter Hannelore.
Aber Martha konnte nicht. Hatten sie
sich nicht einst versprochen, in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da
zu sein? Was hatten sie nicht alles miteinander durchgemacht. Den Krieg. Martha
mit zwei kleinen Kindern allein zu Hause, Heinz an der Front. Die Bombennächte
und die Flucht in den Westen. Und Heinz in Kriegsgefangenschaft. Dann der
Neuanfang. Martha war mit den Kindern auf die Felder stoppeln gegangen und
hatte für andere genäht. Heinz hatte nach seiner Rückkehr auf dem Bau
gearbeitet, froh am Leben zu sein, froh überhaupt Geld zu verdienen. Langsam
hatten sie sich hochgearbeitet. Nach ein paar Jahren fand Heinz wieder Arbeit
als Lehrer, und sie bauten sich ein kleines Häuschen. Der große Gemüsegarten
sparte Haushaltsgeld.
Nachdem die Kinder ausgezogen
waren, ging es ihnen gut. Sie hatten nicht mehr so viel Arbeit und weniger
Ausgaben. Endlich konnten sie sich einen bescheidenen Luxus leisen, ab und zu
neue Kleidung, einen Theaterbesuch, kleine Reisen.
Martha redete Heinz gut zu, etwas
zu essen. In diesem zusammengefallenen Greis konnte sie kaum noch ihren
stattlichen Heinz erkennen, ihren Felsen in der Brandung, der immer so
optimistisch vorwärts geschaut hatte.
Ein Lächeln breitete sich über sein
Gesicht aus. Er erkannte sie. Ein kostbarer Augenblick. Sein Abendlächeln
erwärmte ihr Herz.
© Annette Paul
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