„Petrus,
bitte, ich möchte mit dem Christkind auf die Erde fliegen.“ Engelchen hüpfte
aufgeregt von einem Bein auf das andere. Dabei versuchte es sich zu strecken,
um größer zu wirken, als es wirklich war.
Petrus
schüttelte seinen Kopf mit den langen weißen Haaren und dem weißen Vollbart.
„Petrus,
ich brauche noch einen Hilfsengel. Ruben und Anna müssen bei den Schutzengeln
aushelfen und können mich nicht begleiten.“ Das Christkind lächelte Petrus
sanft an.
Streng
mustere Petrus Engelchen. „Willst du dich wirklich um diesen Kleinen kümmern?“
„Ich
bin auch ganz brav und mache alles, was du sagst“, flüstere Engelchen. Mit weit
aufgerissenen Augen schaute es das Christkind an.
„Irgendwann
muss er es sowieso lernen.“ Das Christkind legte Petrus eine Hand auf die
Schulter.
Jubelnd
flatterte Engelchen um das Christkind und Petrus herum.
„Es
wird dir mehr Arbeit machen, als abnehmen“, murrte Petrus und rieb sich seinen
Rücken.
Das
Christkind lächelte leise, dann reichte es Engelchen einen Sack, nicht ganz so
groß wie sein eigener. „Bleib in meiner Nähe“, wies es Engelchen an. Mit einer
Handbewegung bat es die ältere Elisa auf Engelchen aufzupassen.
Sie
flogen zu den Menschen auf die Erde. Bei einigen Familien stellten sie Pakete
vor die Türen, bei anderen schwebten zwei, drei Engel ins Wohnzimmer und legten
die Geschenke unter den geschmückten Christbaum.
Manchmal
schmückten sie sogar den Baum. Engelchen durfte Elisa begleiten, begeistert
hängte es Christbaumkugeln, Kerzen und Engelshaare auf.
„Warum
sind sie so klein?“, fragte es.
„Weil
sich nicht alle Menschen einen großen Baum leisten können.“ Elisa verteilte die
Geschenke unter dem Baum.
„Und
warum ändern wir es nicht?“ Engelchen stand vor der Tür und wollte nicht mehr
mitfliegen.
„Komm,
wir müssen uns beeilen. Die Kinder warten schon“, drängte Elisa.
„Nicht,
wenn wir so ungerecht sind.“ Engelchen hätte Tränen in den Augen.
„Engelchen,
komm, das nächste Kind besuchen wir gemeinsam.“ Das Christkind winkte ihm.
Sofort
flog Engelchen zum Christkind und blieb dicht bei ihm.
Bei
einem großen Haus mit mehreren Wohnungen öffnete das Christkind ein Fenster,
schlüpfte hinein und schloss es hinter Engelchen. Es legte einen Finger auf den
Mund und schritt in eine dunkle Ecke, in der ein Kinderbett stand. Ein kleiner
Junge warf sich darin unruhig hin und her. Sein Gesichtchen war rot, der Atem
ging stoßweise. Nass klebten seine Haare am Kopf.
Das
Christkind setzte sich auf den Bettrand und legte eine Hand auf die Stirn des
Kindes. Sofort beruhigte der Junge sich, atmete tief und regelmäßig. Die Röte
im Gesicht verflog.
Das
Christkind legte ein kleines Päckchen neben das Bett und verließ den Raum.
Sie
kamen an einem alten baufälligen Haus vorbei, in dem zwei Männer in abgewetzten
Jacken vor einem offenen Feuer saßen. Die Engelschar flog vorbei. Keiner
kümmerte sich um die beiden Alten.
Engelchen
tastete in seinem Sack herum, bis es ein großes weiches Paket fand, das zog es
heraus und warf es durch das zerbrochene Fenster. Erstaunt sahen die Männer
hoch, hoben das Geschenk auf und packten es aus.
„Eine
Decke, der Herrgott hat uns eine Decke geschenkt“, rief der eine.
Die
beiden rückten eng zusammen und hüllten sich gemeinsam ein.
Engelchen
beeilte sich, die anderen einzuholen. Bei einer alten Dame griff Elisa in
Engelchens Sack. Als sie das Geschenk nicht fand, suchte und kramte sie herum.
Schließlich schüttete sie den ganzen Sack aus, aber das gewünschte Paket blieb
verschwunden.
„Hast
du die Decke verloren?“, fragte Elisa.
Engelchen
senkte den Kopf. Sein Gesicht lief rot an. Die Wohnung der Frau war klein, die
Möbel alt und abgenutzt.
„Nein,
das Paket ist hier.“ Das Christkind tauchte hinter Engelchen auf und reichte
Elisa ein Paket wie das, was Engelchen den beiden Männern geschenkt hatte.
Elisa
atmete auf und legte das Geschenk auf den Tisch, daneben stellte es eine Kerze
mit einem Tannenzweig.
Das
Christkind legte Engelchen eine Hand auf die Schulter. „Du hast ein gutes
Herz“, flüsterte es.
Engelchen
straffte sich, so dass es gleich zwei Fingerbreit größer wurde und lächelte das
Christkind dankbar an.
© Annette Paul