Die Weihnachtsbäcker waren in diesem Jahr besonders emsig und jedes
Mal erhielt der Weihnachtsmann ein paar Proben. Auch die Köche schickten ihm
ständig ihre neusten Weihnachtskreationen, dabei herrschte doch noch
Fastenzeit. Selbst Nikolaus füllte nicht nur seine Stiefel, sondern stellte
seinem Kollegen einen großen Sack mit übriggebliebenen Süßigkeiten vor die Tür.
Die Versuche, sie an die Wichtel zu verteilen, scheiterten. „Danke, ich esse
schon seit Wochen Schokoladenweihnachtsmänner, ich kann keine Schokolade mehr
sehen“, meinte Waldemar.
„Mir wird schon übel, wenn ich die Kekse nur rieche“, meinte Sigurd.
Sogar Gertrud schüttelte den Kopf, als der Weihnachtsmann sie bat, den
Gänsebraten an Wirsing mit Madeira-Soße zu probieren.
„Ich esse seit drei Tagen nur noch trockenes Knäckebrot und Obst.“
Also musste der Weihnachtsmann wirklich alles selber probieren und
beurteilen.
„Du solltest abnehmen“, riet Waldemar. Der Weihnachtsmann war so
erbost, dass er ihn aus dem Büro wies.
Ein paar Tage später riet der Arzt zur Nulldiät, wollte aber selbst
weder Kekse noch Weihnachtsbraten verköstigen.
„Ich werde gleich nach Weihnachten mit einer Diät beginnen. Aber jetzt
geht es nicht. Essen gehört halt zu meinem Beruf. Ich habe schon versucht, zu
delegieren, aber keiner wollte mich unterstützen.“
Sein Anzug spannte immer mehr. Gertrud wies ihn besorgt darauf hin.
„Ich kann nicht abnehmen, gerade jetzt, wo ich doch alles probieren
muss.“
„Zieh wenigstens einmal deinen guten Anzug an, jetzt können wir ihn
noch umändern.“
Der Weihnachtsmann nickte. Doch er war viel zu beschäftigt und nach
ein paar Stunden dachte er nicht mehr daran.
Am Heiligabend überwachte er das Beladen der Fahrzeuge und das Füttern
der Rentiere. Erst im allerletzten Augenblick hetzte er in seine Hütte. Gertrud
hatte schon seinen Anzug, frisch gebügelt bereit gelegt, nebst neuen, frische
geputzten Stiefel und der Mütze.
Er sprang eilig in die Hose. Doch er kam schon kaum mit den Beinen
hinein. Der Bund ließ sich überhaupt nicht schließen. Da fehlten mindestens
fünf Zentimeter.
„Gertrud“, brüllte er.
Die treue Seele kam sofort angeschossen.
„Was ist das?“
„Ich habe dich gewarnt“, sagte Gertrud.
„Der Anzug ist eingelaufen. Das ist noch nie passiert.“
Gertrud holte tief Luft. „Ich habe dich doch gebeten, ihn einmal
anzuprobieren.“
Waldemar flog mit dem Hubschrauber zum nächsten Kaufhaus, aber es
hatte schon geschlossen.
Sie schickte den kleinen Wichtel zu der Nähwerkstatt. Einen Augenblick
später standen drei der Schneidermeisterinnen um den Weihnachtsmann und
überlegten, wie sie Heiligabend retten konnten.
„Der Umhang von Knecht Ruprecht“, schlug Ilse vor.
„Ruprecht ist doch so ein hagerer Kerl“, meckerte der Weihnachtsmann.
„Aber er hat einen weiten Umhang. Leider entspricht die Farbe nicht
dem heutigen Modetrend.“
„Nein!“, sagte der Weihnachtsmann entschieden.
Die Schneiderinnen zogen sich zurück und beratschlagten. Schließlich
schlossen sie die Hose mit einem Lochgummi für Schwangere.
„Hauptsache die Jacke passt“, murmelte eine von ihnen.
„Du darfst sie auf keinen Fall ausziehen“, schärfte Ilse ihm ein.
Zu viert hievten sie ihn in die Jacke. Mit angehaltener Luft gelang
es, sie zu schließen. Er konnte nur noch mit kleinen Schritten zu den
ungeduldig mit den Hufen scharrenden Rentieren gehen. „Keine Anstrengung, keine
Aufregung und immer gerade stehen“, gab ihm Berta, die Obermeisterin mit auf
dem Weg.
© Annette Paul