Mutter
schnitt im Garten ein paar Blumen für die Vase
ab. „Tim,
bringe bitte die Tulpen zu Frau Reichelt. Sie freut
sich
sicher darüber.“
Tim
nahm die Blumen und sprang zur Nachbarin. Frau
Özgün,
die Putzfrau, öffnete die Tür. „Für Frau Reichelt. Wir
haben
so viele davon“, sagte Tim.
„Komm
rein, ich koche dir einen Kakao“, sagte Frau Özgün.
„Und
einen Kaffee für uns Erwachsene“, sagte Frau Reichelt.
Sie kam
mit einem Staubtuch bewaffnet in die Küche.
Im
Hintergrund kreischte eine Bohrmaschine. „Herr Özgün
ist so
lieb und hängt ein Bild für mich auf. Den Wasserhahn
hat er
schon repariert. Ich bin so froh, Familie Özgün
gefunden
zu haben.“ Sie lächelte ihre Putzfrau an.
„Ich
arbeite gern für Sie.“
Tim
setzte sich an den Küchentisch und die Erwachsenen
setzten
sich dazu. Frau Özgün schnitt einen Kuchen an. „Du
bist so
alt wie unser jüngster Sohn“, sagte sie.
„Bringen
Sie ihn mit, dann können wir zusammen spielen“,
schlug
Tim vor. Frau Özgün nickte und versprach es.
Am
Nachmittag sah Tim sie zu Frau Möller hinübergehen.
„Frau Özgün
arbeitet jetzt auch für Frau Möller, die
hatte
schon lange nach einer Hilfe für den Haushalt gesucht
und
Frau Reichelt hat sie so gelobt.“
„Sie
ist sehr nett.“
„Und
fleißig, sagt Frau Reichelt.“
Zwei
Tage später sah Tim, wie Frau Reichelt mit Frau
Möller
sprach. Als er vorbeiging und sie grüßte, machte
Frau
Reichelt einen verärgerten Eindruck.
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Am
Abend erzählte Mutter, dass bei Frau Möller Schmuck
gestohlen
worden war.
„Was
sagt die Polizei?“, fragte Nina, Tims Schwester.
„Soviel
ich weiß, war sie gar nicht bei der Polizei. Sie sagte,
es ist
nicht eingebrochen worden.“
„Bestimmt
hat sie ihn selbst verlegt“, meinte Tim und
Nina
nickte.
„Kannst
du mir bitte Milch mitbringen?“, bat Frau Reichelt
am nächsten
Tag, als Tim den Einkaufskorb auf den
Gepäckträger
seines Fahrrads befestigte.
„Natürlich.
Bringt Frau Özgün sie nicht mit?“ Normalerweise
besorgte
Frau Özgün für Frau Reichelt die schweren
Einkäufe.
„Sie kommt nicht. Sie will
nicht mehr für mich arbeiten.“
Tim
stand schon mit einem Fuß auf dem Pedal und wollte
losfahren.
Jetzt stieg er wieder ab. „Wieso denn? Sie
wollte
doch ihren Sohn mitbringen, damit wir zusammen
spielen
können.“
„Sie
hat Angst und ist wütend, weil ihr unterstellt wird,
dass
sie geklaut hat.“
„Aber
sie hat es nicht.“
„Nein, Özgüns
sind ehrlich, herzensgut und hilfsbereit.
Ihr
Mann hat schon öfter bei mir etwas repariert. Und
wenn
sie nicht kann, schickt sie ihre älteste Tochter. Das
Mädchen
geht auf die Realschule und ist sehr nett.“
„Haben
Sie es ihr gesagt?“
„Natürlich.
Ich weiß gar nicht, was ich ohne sie machen
soll.
Sie will nicht mehr in dieser Siedlung arbeiten, da hier
Gerüchte
über sie verbreitet werden.“
„Aber
Sie können doch nichts dafür.“ Tim schüttelte den
Kopf.
„Ich
hoffe, sie überlegt es sich noch einmal.“
(...)
Leseprobe aus "Die „Krimizimmer(ei) Bd. 2", Hrsg. Martina Meier, Papierfresserchens MTM-Verlag GbR, ISBN: 978-3-86196-221-2