Sonntag, 5. Januar 2014

Altes Eisen




„Findest du nicht, dass du langsam zu alt für den Job wirst?“, stichelte Robert. Er musterte Wolfgang, der seelenruhig weiter seinen Tee trank.
„Manche merken einfach nicht, wenn sie aufhören sollen“, fügte Sascha hinzu.
„Dafür ist der Gesundheitsscheck da. Bisher war alles in Ordnung.“ Wolfgang stellte seine Tasse in die Spülmaschine und begab sich zu seiner nächsten Fahrschülerin. Yasemin. Sie stammte aus Ostanatolien. Obwohl sie schon seit über zehn Jahren in Bochum lebte, sprach und verstand sie immer noch nicht genug Deutsch und der Großstadtverkehr war ihr unheimlich. Aber sie wollte den Großeinkauf selbstständig erledigen und beweglicher sein. So hatte sie schon 40 Fahrstunden hinter sich und würde noch einige mehr benötigen.
Am Abend brachte Wolfgang das Auto zurück. Erika, seine Chefin, fragte ihn: „Würdest du noch einen weiteren Schüler übernehmen?“
„Ungern, kann es nicht Robert machen? Yasemin und der alte Peters brauchen sicher noch einige Zeit. Dazu kommen die Jugendlichen, die am liebsten schon in der nächsten Woche ihre Prüfung machen würden.“
„Robert kommt mit der alten Dame nicht zurecht. Sie hat sich beschwert, dass er sie wiederholt angeschrien hat.“
„ Bevor oder nachdem sie die Beule in den Kotflügel gefahren hat?“
„Sowohl als auch.“
„Und Sascha?“
„Ist noch viel ungeduldiger. Nein, Wolfgang, du musst sie übernehmen. Nur deinetwegen haben wir den Ruf, dass selbst hoffnungslose Fälle bei uns das Fahren lernen.“

@Annette Paul