„Sie sind die berühmte Beate Fuchs? Nein, das kann nicht
sein. Sie müssen ihre Tochter sein.“ Der junge Mann sah sie irritiert an.
„Doch, doch, ich bin‘s wirklich.“ Huldvoll lächelte Beate
ihn an.
„Beate Fuchs muss im Alter meiner Mutter sein.“
Eher seiner Großmutter, aber das behielt Beate lieber für
sich. „Ich habe gute Gene, meine Mutter und meine Großmutter sind auch lange
jung geblieben.“
„Beneidenswert. Und wie Sie noch immer tanzen können. Da
können die meisten jungen Frauen nicht mithalten.“ Er reichte ihr die Autobiografie, die er eben gekauft hatte. Sicher für seine Mutter.
„Ich trainiere auch jeden Tag.“ Allerdings musste sie dazu
vorher Schmerztabletten schlucken und jeden Tag dauerte es etwas länger, bis
sie warm und beweglich wurde ... Auch das brauchten ihre Fans nicht zu wissen.
Nicht einmal ihrer Familie ging es etwas an. Und die Rollenangebote wurden auch
spärlicher.
Mit einem Lächeln schrieb sie eine Widmung, obwohl sie kaum
noch den Stift halten konnte. Höchste Zeit, die nächste Tablette zu nehmen. Er
war der letzte Fan gewesen. Der Buchhändler begleitete ihn hinaus. Als er ihr
den Rücken zuwandte, stemmte sich Beate mit der Hand am Tisch hoch und lief ein
paar unsichere Schritte, bis die Gelenke wieder warm wurden.
„Gehen wir gemeinsam essen, oder wollen Sie sich lieber
ausruhen?“
„Nein, ich habe einen Bärenhunger.“
„Ich habe einen Tisch beim Italiener reservieren lassen.“
Beate stöckelte an seiner Seite über den Rathausplatz ins
Restaurant. Dort verschwand sie im Waschraum, schluckte eine Schmerztablette,
dann puderte sie sich neu. Die Falten wurden tiefer. Sie brauchte unbedingt
einen Termin beim Schönheitschirurgen. Diesmal wollte sie sich allerdings nicht
liften lassen, damit ihr Gesicht nicht zu maskenhaft wurde. Nein, er sollte lieber
das Wundermittel Botox spritzen. Ob es für den Hals endlich etwas gab? Und für
ihre Hände? Morgen würde sie erst einmal zum Haarefärben gehen.
Sie seufzte, mit den Kontaktlinsen kam sie gut zurecht, aber
ein Hörgerät war ihr trotz der Kunst ihres Coiffeurs zu auffällig. Und ohne
ging in ihrem Beruf leider nicht mehr. Schließlich musste sie verstehen, was
die Leute sagten.
An der Tür drehte sie sich noch einmal um. Doch, auf ein
paar Metern Entfernung wirkte sie wirklich jugendlich. Der junge Mann hatte
recht. Lächelnd ging sie in den Gastraum zurück.
©Annette Paul