Jeden Tag öffnete der Weihnachtsmann seinen Briefkasten und hoffte auf viele
Wunschzettel der Kinder. Doch jeden Tag fand er nur Reklamesendungen. Da wurden Lebensversicherungen
angeboten,Weinsendungen angepriesen, Immobilienmakler zeigten Interesse an
seiner kleinen Hütte in Lappland und
Autohändler an seinem altersschwachen Ford
Modell T.
Warum sandten ihm die Kinder nicht
mehr ihre Wünsche? Gut, in den letzten Jahren war er
enttäuscht von ihren anspruchsvollen Forderungen gewesen. Gesellschaftsspiele,
Bücher und Kleidung reichte nicht mehr, nein, es wurde ein eigener Fernseher, neuste Smartphones und teure PCs gewünscht.
Seine Wichtel aus der Werkstatt
hatte er längst in Rente geschickt. Sie hatten nichts mehr zu tun. Wer wollte
noch selbstgestrickte Mützen und Handschuhe, Filzpantoffel oder Bauklötze aus der Tischlerei? Selbst die
Kekse, Lebkuchen und Christstollen galten als ungesund und wurden nur noch in
geringen Mengen gegessen.
Trotzdem bedauerte er, dass er in den letzten Jahren weniger
Wunschezttel erhielt. Und in diesem
Jahr gab es überhaupt keine mehr, dabei war schon Dezember. Wie sollte er da die Wünsche noch erfüllen? Ob es
überhaupt noch Wünsche gab?
Da er nichts zu tun hatte, setzte
er sich an den PC und hackte sich bei den großen
Internethändlern ein. Er staunte, während er nichts zu tun und längst seine
Mitarbeiter entlassen hatte, schoben die Beschäftigten dieser Firmen Überstunden,
um die vielen Wünsche innerhalb kürzester Zeit zu erfüllen. Keiner von den
Kunden musste wie beim Weihnachtsmann
bis Weihnachten warten. Der Weihnachtsmann raufte sich seine grauen Haare.
Sein alter Chefwichtel Waldemar
hatte recht gehabt: „Gehen Sie auch in den
Ruhestand“, hatte er gemeint. „Genießen Sie Ihr Leben ohne verzogene
Gören und Eltern, die ständig mit einem Prozess drohen.“
Und Küchenwichtelin Gertrud meinte:
„Chef, machen Sie im Süden Urlaub. Sie haben es nötig. Hier bei uns ist es doch
immer so kalt und dunkel.“
So kam es, dass der Weihnachtsmann
in diesem Jahr einen einzigen Wunsch erfüllte: Er reservierte einen Platz in
einer exklusiven Ferienanlage in der Karibik.
©Annette Paul